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Schockstarre in Wöhrden

De Meldung, dass die Westhof GmbH nach Protesten von ihren 100-Millionen-Euro-Plänen in Wöhrden Abstand nimmt, sorgt für Schockstarre im Ort. „Das hat Folgen, die wir derzeit noch gar nicht überblicken können“, sagt Bürgermeister Peter Schoof (CDU).

Schoof wird den 22. November als den schwärzesten Freitag seiner politischen Zeit in Erinnerung behalten. An dem Tag hat ihm Westhof-Inhaber Rainer Carstens eröffnet, dass das Ceres-Projekt in Wöhrden gestorben ist. „Dass Rainer Carstens einen Rückzieher gemacht hat, ist bitter.“ Schoof zählt auf, was Wöhrden aus seiner Sicht verpasst: „Es hätte eine 100-Millionen-Euro-Investition und 40 neue Arbeitsplätze gegeben. Außerdem wären in zwei oder drei Jahren Gewerbesteuern in beträchtlicher Höhe geflossen.“ In dem Zusammenhang fragt sich Schoof, ob Bio-Frost in Wöhrden bleibt. Bio-Frost gehört zum Westhof. Dort wird biologisch angebautes Gemüse verarbeitet. Carstens hatte bereits im Zuge der Ceres-Planungen abgekündigt, die Produktion auf einen Standort konzentrieren zu wollen – was über kurz oder lang das Ende von Bio-Frost in Wöhrden bedeutet.

Wöhrdens Bürgermeister bedauert zudem, dass seiner Gemeinde Fernwärme verloren geht. „Die wollte Rainer Carstens kostenlos abgegeben“, so Schoof. Überhaupt sei es ein nachhaltiges Versorgungskonzept für den 1300 Einwohner zählenden Ort gewesen. Von diesen 1300 Einwohnen hatten gut 300 einen Antrag auf ein Bürgerbegehren der Bürgerinitiative (BI) „Für Wöhrden“ unterschrieben. Deren drei Initiatoren sind Hans Woelk, Marco Carsten und Tim Rode Peters. Von den drei Initiatoren war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Einer ist derzeit beruflich im Ausland, ein anderer will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, und der dritte war nicht zu erreichen. Gleiches gilt für den technischen Betreuer der BI, der ebenfalls nicht namentlich genannt werden will. Er verweist stattdessen auf die Stellungnahme auf der Internetseite der Bürgerinitiative. Dort heißt es, die Bürgerinitiative könne auch nach zwei Gesprächen mit Rainer Carstens angesichts von zu erwartendem Lärm und Verkehr nicht auf die Abstimmung verzichten und beruft sich auf „300+ Bürger und Bürgerinnen, die sich namentlich und mit Unterschrift auf einem Blatt Papier gegen Ceres ausgesprochen haben“.

In ihrer Stellungnahme dankt die Bürgerinitiative „insbesondere der Familie Carstens, die, trotz unterschiedlicher Meinungen und Ziele, immer fair geblieben ist und uns mit Anstand und Respekt begegnete“. In dem Zusammenhang appelliert die BI, künftig auch bei unterschiedlichen Meinungen fair miteinander umzugehen.

Den fairen Umgang hat auch Peter Schoof eingefordert. Er hatte Vertreter der BI zu der Sitzung der Gemeindevertretung geladen, die heute Abend um 19 Uhr im Oldenwöhrden beginnt. Eigentlich sollte es heute Abend um die Vorbereitung des Bürgerbegehrens gehen. „Aber das hat sich jetzt ja erledigt. Das wird von der Tagesordnung gestrichen. Stattdessen will Schoof heute Abend zu dem Ceres-Aus Stellung nehmen. In seinen Augen ist das Scheitern des Projektes „äußerst schädlich“, und das nicht nur wegen der bereits genannten Folgen. In seinen Augen wäre Ceres in vielerlei Hinsicht eine Chance für den Ort gewesen. „Wöhrden wäre das Zentrum für erneuerbare Energie und biologischen Anbau inklusive Forschung geworden. Alles futsch. Wir hätten in die Bundesliga aufsteigen können, jetzt bleiben wir in der Kreisliga.“ Zudem hätte sich Ceres auf die Wirtschaft im Ort ausgewirkt. Vom Bäcker, bei dem die Arbeitnehmer Brötchen kaufen, bis hin zu Handwerken, die dort Wartungsarbeiten verrichten. Hinzu käme der Kooperationsvertrag zwischen Heide und Heide-Umland, in dem Wöhrden als Schwerpunkt für Nahrungsmittel genannt wird.

Ralph Bert ist selbstständiger Elektriker und Vorsitzender des Handel- und Gewerbevereins (HGV) Wöhrden. „Für den Ort ist das tragisch“, sagt er. „Das Gewerbegebiet steht seit Jahren leer und nichts passiert. Jetzt hätte es mit einem Schlag belegt sein können.“ Er respektiere, dass jeder eine eigene Meinung habe, und „wenn die BI so gerührt hat, dann ist das so. Dafür sind wir demokratisch“. Aber er sehe auch die Arbeitsplätze und die Gewerbesteuer. Ceres hätte sich positiv auf den Ort ausgewirkt. „Da hätte man auch einmal über den Tellerrand schauen müssen. Die Kommune, in die er jetzt geht, nimmt ihn mit Kusshand.“

„Durch Ceres ist unser Ort bis nach Kiel und Berlin als Leuchtturm wahrgenommen worden. Für Wöhrden ist das jetzt peinlich“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzende Käte Templin. Sie beklagt zudem, dass die BI mit „unlauteren Mitteln“ die Unterschriften gesammelt habe. „Außerdem tut mir Rainer Carstens leid. Er ist ein sozialer Mensch, der viel erreicht hat. Die Bürgerinitiative ist in zwei Gesprächen nicht auf ihn eingegangen. Ich bin sehr enttäuscht.“ Unfaires Verhalten wirft WGW-Fraktionschef Wilhelm Witthohn der BI vor: „Die Unterschriften sind während der Kartoffelernte gesammelt worden, als in einer Tour Trecker durch den Ort fuhren. Dabei baut Rainer Carstens schon seit Jahren keine Kartoffeln mehr an, keiner der Trecker war von ihm.“ Das Bürgerbegehren gegen Ceres sei „ein bisschen unüberlegt“, so Witthohn. Dabei stellt er die gleiche Frage wie Käte Templin und Peter Schoof: „Welcher Unternehmen will jetzt noch in Wöhrden investieren?“

(Quelle: Henning Voß - Boyens Medien - Wöhrden Digital)


Kommentar

Chance vertan

Die Wöhrdener betrügen sich um ihre eigene Zukunft. Auf den Punkt lässt sich das Ceres-Aus bringen. Dass Westhof-Inhaber Rainer Carstens einen Rückzieher macht und ein innovatives Projekt an einen anderen Standort verlegt, wird die Gemeinde auf lange Sicht teuer zu stehen kommen.

Vorab: Befürchtungen von Anwohnern dürfen selbstredend nicht vom Tisch gewischt werden. Die Sorgen um Lärm, Verkehr und Wertverlust sind bis zu einem gewissen Grad berechtigt. Doch stehen sie in keinem Verhältnis zu dem Mehrwert für die Gemeinde: Wertschöpfung durch Arbeitsplätze und Gewerbesteuer etwa. Und, was schlimmer ist: Wöhrden verspielt seinen Standortvorteil, und das ausgerechnet auf Kosten eines nachhaltig wirtschaftenden Betriebes. Die Gemeinde liegt unmittelbar an der Autobahn. Mit diesem Pfund kann der Ort nun nicht mehr wuchern. Investoren werden sich künftig von vorn herein nach einem anderen Standort umsehen, das Wöhrdener Gewerbegebiet wird seinem Namen auf Jahre nicht gerecht werden und kein weiteres Gewerbe aufweisen. Hinzu kommt: In Wöhrden wäre Pionierarbeit geleistet worden. Hätte Rainer Carstens seine Pläne dort umgesetzt, wäre die europaweit einzige Fabrik entstanden, in der ausschließlich Biogemüse verarbeitet wird. Das hätte weit über die Bundesgrenzen hinaus bewiesen, dass extensiver ökologischer Anbau ein Zukunftsmodell für eine moderne Landwirtschaft ist.

Vertane Chance. Wöhrden macht eine Rolle rückwärts. Der Preis für den Pyrrhussieg der "Bürgerinitiative Für Wöhrden" ist hoch. Zu hoch.
(Quelle: Henning Vo0 - DLZ v. 27.11.2019)