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+Von Elko Laubeck
Wöhrden - Das Schuljahr Nummer drei geht zu Ende, die Freie Waldorfschule Wöhrden ist kurz vor einem ersten wichtigen Ziel: Nach drei Schuljahren kompletter privater Finanzierung stehen im kommenden Schuljahr erstmals Landeszuschüsse in Aussicht.
Dazu laufen derzeit die Planungen für einen neuen Schulbau auf Hochtouren. Das alte Gebäude auf der Dorfwurth platzt aus allen Nähten. 144 Kinder gehen derzeit in sieben Klassen.
Wesentliches Merkmal der Waldorfpädagogik ist, „dass die Kinder begleitet werden auf dem Weg ihrer körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklung", sagt Henning Kullak-Ublick. Der Pädagoge aus Handewitt ist Lehrer an der Waldorfschule in Flensburg, Mitglied im Vorstand des Bundesder Freien Waldorfschulen in Deutschland und in der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen in Schleswig Holstein. Aus dieser Position heraus betreute er von Anfang an die Neugründung in Wöhrden, die im Sommer 2007 mit 60 Kindern an den Start gegangen war. „Der Mensch ist ein fühlendes, handelndes und denkendes Wesen. Als solches will auch das Schulkind ernst genommen werden." In Flensburg ist Kullak-Ublick seit 1984 und gerade dabei, seinen dritten Klassenlehrerzyklus abzuschließen, das heißt zum dritten Mal eine Klasse jeweils vom ersten bis zum achten Schuljahr begleitet zu haben. Das ist Teil der Waldorfpädagogik: Die Schüler haben in den ersten acht der insgesamt mindestens zwölf Schuljahre einen Klassenlehrer, der im Hauptunterricht die wesentlichen Fähigkeiten und Stoffe vermittelt, „epochenweise", das heißt, im Hauptunterricht, der täglich die erste Doppelstunde ausmacht, werden schwerpunktartig drei, vier Wochen lang alle wichtige Themen behandelt vom kleinen Einmaleins über die Buchstaben bis zur römischen Geschichte oder Erdkunde. „Das schafft ein tiefes Vertrauensverhältnis zwischen Lehrer und Schüler", sagt Kullak-Ublick. Ab der neunten Klasse steht der Fachunterricht im Vordergrund.
Äußerliches Merkmal der Waldorfpädagogik ist der Verzicht auf Noten. Es gibt auch kein Sitzenbleiben. Sowohl die Integration in Klassen und Schulgemeinschaft wie auch die Förderung individueller Fähigkeiten sind ein Hauptanliegen, wobei vom ersten Schuljahr an großen Wert auf Fingerfertigkeiten gelegt wird. Neurowissenschaflliche Studien hätten bestätigt, dass das für die Intelligenzbildung von größter Wichtigkeit sei, so Kullak-Ublick. Die Erziehung zu selbstständigem Handeln steht im Vordergrund, damit die Kinder „das Lernen als eigenen Wert erkennen. Das Wie man lernt ist genauso wichtig wie was man lernt."
„Wir wissen, dass der Mensch nicht nur mit dem Kopf lernt." Und: Kinder, die in angstfreien Räumen lernen, beispielsweise ohne Leistungsdruck durch Noten, würden später besser mit schwierigen Situationen fertig. Dies hätten ebenfalls wissenschaftliche Studien bestätigt.
Vom ersten Schuljahr an werden zwei Fremdsprachen unterrichtet in Wöhrden gibt es Englisch und Französisch. In diesem Alter hätten die Kinder einen leichteren Zugang zu den Sprachen. Mehrere Sprachen vermittelten zudem unterschiedliche Zugangsweisen zur Welt und führten zu einem freieren Urteil über die Dinge, so Kullak-Ublick. Idealerweise gehen die Kinder ab dem ersten Schuljahr in die Waldorfschule, aber er hält jedes Kind, das später hinzu kommt, für eine Bereicherung in der Klasse und ist davon überzeugt, dass die „Heterogenität der Begabung die Leistung aller Kinder fördert."
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Die Waldorf-Pädagogik wurde vor gut 90 Jahren von dem Reformpädagogen Rudolf Steiner entwickelt, der in Stuttgart eine Schule für die Kinder der Mitarbeiter der Zigarrenfabrik Waldorf-Astoria betreute. Unterdessen gibt es bundesweit 215 Waldorfschulen mit etwa 80.000 Schülern, weltweit sind es mehr als 1000 Schulen. Der Verband der Waldorfschulen ist die größte nicht staatliche und nicht konfessionelle pädagogische Organisation, in Deutschland, in Europa und auf der Welt.
In Wöhrden ist seit knapp drei Jahren die elfte Waldorfschule in Schleswig Holstein. Es seien immer Basis Initiativen, die die Schule gründeten und „die Schule prägen", sagt der Gründungsbetreuer von der Landesarbeitsgemeinschaft der Waldorfschulen. Dadurch würden die regionalen Belange und Ansprüche mit in das Profil der Schule einfließen. Auf der anderen Seite würden die Grundsätze eingehalten, auf die sich alle Waldorfschulen verständigt hätten. (Quelle: DLZ v. 16.06.2010)
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