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Predigt von Probst Kiene zum Festgottesdienst

Liebe Gemeinde,

als Ihr Pastor und Frau Dr. Göhres mir zum ersten Mal von den Wöhrdener Büchern berichteten, da fragte ich, was denn in diesen Büchern nun aufgeschrieben sei. Ich habe es nicht nur einmal gefragt, sondern mehrfach. Die Antworten waren alle klar. Und doch es blieb etwas offen. Auch Prof. Enno Bünz, der wissenschaftlich arbeitet und in der nächsten Ausgabe des Dithmarscher, der Zeitschrift des Dithmarscher Landesvereins, etwas zu den Büchern schreibt, ist über die genaueren Details, was denn nun genau in den sechs Büchern steht, etwas ungenau in den Aussagen.

Der Grund für diese Unsicherheit liegt auf der Hand. Die Bücher sind seit Jahren nicht aufgeschlagen worden. Hätte man sie geöffnet, wäre der Schaden nur vergrößert worden. Als der vierte Band hier das Pastorat verließ, glich das Buch eher einem Brikett als einem Buch. Fest, wie verklebt scheint eine Seite auf der anderen zu liegen. Kein Wunder, was man nicht selber lesen kann, bleibt einem verschlossen. Und die Forscher greifen auf Informationen zurück, die sie auf verschlungenen Wegen aus der Vergangenheit erhalten. Es wird Zeit, dass die Forscher wieder selber lesen können. Dank den Geldgebenden, den Stiftungen, dem Landesverein, dem Nordelbischen Kirchenarchiv und vielen Einzelspenden, kann das Buch wieder geöffnet werden.

Ab heute können wir das Buch wieder öffnen. Es werden sich Forscherinnen und Forscher finden, die sich der Sache, der Inhalte erneut annehmen. Sie werden merken, wie eng die Verflechtung ist, zwischen Staat und Kirche in der Zeit der Bauernrepublik auch, sie werden Handelswege und Geldströme, vor allem aber Menschen und auch Meinungen neu kennen lernen.

Wenn aus einen zum Brikett heruntergekommenes Buch, einem Werk, in dem Geschichte aufbewahrt wird, wieder ein Buch wird, dann ist das nicht nur ein Meisterwerk der Buchrestauration. Es gibt auch Anlass über das eigene Leben nachzudenken.

Denn mit dem Buch hat sich ein anderer Gedanke verbunden: Das, was wir in den letzten Jahren mit den Wöhrdener Büchern erlebt haben, kann zum Gleichnis werden. In der Geschichte der Restaurierung der Bücher lässt sich etwas vom Leben lesen.

Denn wer von uns kann das Buch seines Lebens schon aufschlagen? Wer kann die Informationen schon alle erfassen? Wir halten so einen zum Brikett verklebtes Bündel mit Blättern vor uns. Wie der vierte Band der Wöhrdener Bücher. Irgendwo klopft schon die Totenuhr, daran darf am auch an einen sonnigen Herbsttag erinnern, die klopft schon.

Das Buch meines Lebens ist ähnlich? Eng verkleben die Seiten, zu oft nass geworden, „zuviel geweint" sagen die einen. „Ich möchte mal alle Seiten durchblättern, jeden Tag, an bestimmten Passagen nachlesen, wie es wirklich gewesen ist." Sagt jemand über das Buch in dem das eigene Leben geschrieben ist. Doch das Buch, in das das eigene Leben geschrieben ist, kann ich nicht einsehen. Fest verschlossen, die Seiten lassen sich nicht vorneinader lösen. So wie die Seiten des Wöhrdener Buches. Ungenau kann man sagen, was wann und wie war. Aber ganz genau, die Brille nehmen und nachlesen, das geht nicht. Noch nicht.

Die Bibel schon, aber mehr noch die christliche Dichtung, vergleicht vieles im Leben mit einem Buch. Es ist fest verschlossen. Die Offenbarung prägt das Bild mit den sieben Siegeln, die erst nach und nach vom Lamm gelöst werden. Dann erst wird man das Buch aufschlagen können.

Ich glaube wir sehen hier etwas, was über uns selbst hinausweist. Frau Metz, das Buch, bekannt, seit Jahrhunderten, verklebt seit Jahrzehnten. Und heute im November, aufgeschlagen, vor uns. Und ich sehe und erlebe mit Ehrfurcht: So wird e: mit meinem Leben bei Gott auch sein.

Und dann bete ich zu Gott:

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. Es war dir mein Gebein nicht verborgen, als ich im Verborgenen gemacht wurde, als ich gebildet wurde unten in der Erde. Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz;
prüfe mich und erkenne, wie ich's meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege.
© Probst Hennig Kiene


Informationen aus den Nordelbischen Kirchenarchiv