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Ganz langsam, nur nicht zu viel Hektik verbreiten. Juniorchef Sven Völz bringt den neun jährigen Holsteiner Hengst Carinjo zur Absambox. Der Raum ist kühl eingerichtet Auf den ersten Blick ist nichts Stimulierendes zu erkennen. Trotzdem tapst das Pferd auf erfreut auf allen Vieren herum. Der Anblick des sogenannten Phantoms reicht schon aus, um den Hengst in Stimmung zu bringen. Es ist ein mit Leder überzogener Bock in Pferdegröße. Nur wenige Sekunden später lässt Sven Völz die Leine etwas locker. Der Hengst springt auf die Attrappe. Tierarzt Dr. Uwe Tassemeier aus Burg steht unmittelbar daneben. Er hält die künstliche Scheide bereit, in der Carinjo die Samen abgeben soll. Innerhalb weniger Sekunden ist der Akt vorbei. Carinjo hat für heute genug getan und darf zurück in seine Box. Eine extra Portion Hafer wartet auf den Hengst.
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Im Labor direkt neben der Absambox wartet bereits die tiermedizinische Fachangestellte Christine Wetzel auf die Spermien. Denn nach jeder Samenabgabe ist die genaue Kennzeichnung und Überprüfung des frisch gewonnenen Spermas wichtig. Unter dem Mikroskop wird der prozentuale Anteil der fortbeweglichen, ortsbeweglichen und unbeweglichen Spermien analysiert. In einer Portion von 750 Millionen Spermien soll der Anteil derer, die sich fortbewegen können, bei mindestens 70 Prozent liegen. „Mit der Zeit hat man ein Auge dafür", sagt Wetzel. Um das kostbare Gut länger haltbar zu machen, wird es mit einem Zusatzstoff auf Eidotterbasis verdünnt, in kleine Röhrchen gefüllt und gekühlt aufbewahrt. Je nach Menge, Dichte und Vorwärtsbeweglichkeit der Spermien ergibt ein Sprung etwa drei bis 25 Portionen Sperma. In einem Samenaufbereitungsprotokoll muss Stationsmitarbeiter Thies Hansen die Frischsamenübertragung akribisch festhalten. Wann hat welcher Hengst das Sperma abgegeben? Wie viel Mal ist er aufgesprungen? Auch Volumen, Schleim und Aussehen des Spermas, die Dichte und die Gesamtspermienzahl, der verwendete Verdünner, die Anzahl der gewonnen Portionen und die Samen Verwendung - wann welche Stute damit besamt wurde muss der 36-Jährige genau protokollieren. Ohne Computer am Arbeitsplatz in der Besamungsstation kommt Thies Hansen nicht mehr aus.
Die zur Besamung angemeldeten Stuten müssen erfasst und Deckscheine ausgestellt werden. Die Kunden der Station Völz lassen ihre Stuten zu etwa 70 Prozent auf ihren Höfen besamen. Täglich kommt der Paketdienst, um die angeforderten Päckchen abzuholen. Gut ein Drittel der Spermaportionen wird ins Ausland verschickt. Züchter aus Dänemark, Belgien, Holland, den USA, den Arabische Emirate, Neuseeland und China kaufen bei Völz in Dithmarschen und hoffen mit ihrer Nachzucht auf den ganz großen Erfolg. „Aber Pferdezucht heißt in Generationen denken", sagt Lothar Völz, der sich mit der Zucht von Junghengsten im Springsport einen Namen gemacht hat. „Wie gut die Nachkommen sind, die heute geboren werden, wird sich erst in zehn Jahren zeigen." Am Ende habe es auch viel mit Glück und Zufall zu tun. Pferdezucht sei ein Abenteuer.
Jahrzehnte verdiente der Schwiegervater von Lothar Völz mit einer Schlachterei den Lebensunterhalt. Der Großvater war zuvor als Vieh- und Pferdehändler in der Region bekannt. Er legte den Baustein zur heutigen Hengst und Besamungsstation. 1969 wurde die erste Stute, Zenta, gekauft. Mittlerweile ist die Schlachterei in Wöhrden Geschichte. Die Vermarktung von Fohlen und Junghengsten sowie die Deckstation erwirtschaften den Lebensunterhalt der Familie.
Im Januar beginnt die neue Decksaison. Mehr als 3000 Kataloge haben Lothar und Sven Völz wieder in die ganze Welt verschickt, um auf ihre Hengste aufmerksam zu machen. (Quelle: DLZ v. 28.12.2010)
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