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Restaurierung der „Wöhrdener Bücher"
ein Projekt der Kirchengemeinde Wöhrden in Kooperation mit: >Ev.-Luth. Kirchenkreis Süderdithmarschen > Verein für Dithmarscher Landeskunde > Nordeibische Ev.-Luth. Kirche - Nordeibisches Kirchenarchiv > Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Enno Bünz, Leipzig; >Dr. K.-J. Lorenzen-Schmidt, Homburg
Die sechs handschriftlichen „Wöhrdener Bücher" stellen ein wichtiges Quellenensemble für die frühneuzeitliche Kirchen- und Wirtschaftsgeschichte dar. Diese außergewöhnlichen Handschriften des Kirchspiels Wöhrden dokumentieren die kirchlichen Verhältnisse in der bedeutenden Übergangsphase vom ausgehenden Mittelalter bis zur Reformation, die 1532 in Dithmarschen eingeführt worden ist, indem sie einen tiefen Einblick in die Vielfalt des religiösen Lebens im spätmittelalterlichen Dithmarschen geben. Aus den Handschriften sind die Einkünfte für Memorien (Jahresstiftungen für das Seelenheil Verstorbener), Stiftung kirchlicher Benefizien und Vikarien (zur zusätzlichen Anstellung von Geistlichen) sowie die Verhältnisse der in Dithmarschen besonders zahlreichen Gilden und religiösen Bruderschaften ablesbar.
Mit Hilfe dieser Quellen lassen sich außerdem Aussagen über die Bedeutung kirchlicher Vermögen für die frühe Kreditwirtschaft machen, über die man in Schleswig-Holstein so gut wie nicht informiert ist. Die Geldsammler mussten genügend Kreditnachfrager finden, da sie auf die Verzinsung angewiesen waren. Die Mobilisierung von Kapital war aber wiederum Voraussetzung für die Entwicklung eines modernen Wirtschaftslebens. Anzeichen aus anderen Quellen sprechen dafür, dass die Westküste Schleswig-Holsteins, insbesondere die von Feudalherrschaft weitgehend freie Bauerngesellschaft Dithmarschens, im Hinblick auf Marktanbindung und Kreditverkehr eine Vorreiterrolle einnahm.
Die sechs Handschriften sind wegen ihres schlechten Zustandes (starker Pergament- bzw. Papierzerfall sowie Einbandschäden) kaum in der Forschung bekannt bzw. kaum von der Forschung ausgewertet. Eine Benutzung verbietet sich in dem derzeitigen Stadium. Die restauratorische Sicherung der „Wöhrdener Bücher" würde aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung der gesamten Landesgeschichte Schleswig-Holsteins einen großen Dienst erweisen.
Aufgrund der durch die Einzelblattrestaurierung verursachten hohen Kosten (ca. 6000,- Euro pro Buch) sucht die Kirchengemeinde Wöhrden private und öffentliche Förderer, die sich vollständig (in Form einer Buchpatenschaft) oder teilweise an der Restaurierung eines Buches beteiligen. Bisher ist die Finanzierung zweier Bücher gesichert. Kiel, im Juli 2004 Dr. Annette Göhres
Restaurierung der "Wöhrdener Bücher"
Kurze Inhaltsübersicht über die sechs vorreformatorischen Rente-, Kapitalien- und Vikarienbücher der Kirchengemeinde Wöhrden:
[Band l] Ein Pergamentband mit der Überschrift „Dith iß dat bock van den hovestol tho den memorien" - also wohl die Einkünfteverwaltung der gesammelten Memorien, die in der Wöhrdener Kirche gehalten wurden. Die Arenga für die Anlage des Buches aus der Feder Gunteri Wemeri (hier allerdings von Simon Mosellage, der. Monast. dioc-, notarius publ. apost. auct., eingeschrieben) ist von A.L. Michelsen im Dithmmarscher Urkundenbuch Nr. 64 abgedruckt- Das Buch stammt von 1527 ff. und reicht bis 1613. Eingeteilt ist es in die Bauerschaften: Negenkroge, Wakenhusen, Hogenworden, Oldenwurden, Büttel, tom Walle, Wellingehusen, Nannemenhusen, Wenemanwisch, Poppenhusen, Nygewisch, Edinckwisch und Overwisch.
[Band2] Ein Pergamentband ohne Bezeichnung, m ihm sind Renten verzeichnet. Die Ersteinträge sind undatiert, relativ einheitlich hierher übertragen und stammen der Schrift nach von um 1530. Eingeteilt ist das Buch in die Bauerschaften des Kirchspiels: Negenkroch, Hogenworden, WAkenhusen, Oldenwurden, Büttel, Walle, Wellingehusen, Nanemanhusen, Edinckmanwisch, . Odemanwurt, Nagewisch, Wenemanwisch und Overwisch. Danach folgen Rentenaufzeichnungen (jeweils geteilt nach Köm- und Pfennigrenten) der einzelnen Lehne (lene) oder Vikarien, die wiederum nach Bauerschaften getrennt aufgeführt werden: s Katherynen lene, s Annen lene, Johannes Holtmans leene, s. Gerdruden lene, hem Boldewyns lene (bei dem letzten: „na lüde der rechten olden erfregister anno etc. XL" <1540>). Vermutlich nach 1540 eingeschrieben.
[Band 3] Ein Pergamentband ohne Bezeichnung. Eine inhaltliche Erfassung konnte auf Grund des sehr schlechten Erhaltungszustandes nicht erfolgen.
[Band 4] Ein Pergamentband, der mit einer Eintragung über eine Stiftung von 1523 für die Gilden s Anthonies und s Gertruden in Höhe von 10 fl.rh. beginnt. Die Eintragungen reichen von 1523 bis 1595. Die Einteilung bezieht nur wenige Bauerschaften ein: Oldenworden. Overwiske, Elpersbuttel, Poppenhusen, Edemanwisch und Wakenhusen.
[Band 5] Ein Papierband, der um 1530 angelegt sein dürfte und nachgetragene Eintragungen über Rentegeschäfte der Zeit von 1514 bis 1530 enthält, darüberhinaus weitere Eintragungen bis 1611. Die Einteilung erfolgt nach den Bauerschaften: Hogenworden, Wakennhusen, Oldennworden, Büttel, tho denn beydenn wallen, Wellinghuesen, Poppenhuesen, Edeman Vyska, thor nyen vyske, Edeman wurdt, Wennemanwysch und thor Overwysche.
[Band 6] Ein Pergamentband bezeichnet als „Leven fruwen bock" Auf der ersten Seite: „Duth is unser levenn frauwenn gylde bock". In ihm sind Renten verzeichnet. Die Schrift verweist auf 1560 ff., es sind aber auch Renten von 1530 ff. eingetragen, vermutlich sind die Eintragungen hierher übertragen. Eingeteilt ist das Buch in die Bauerschaften des Kirchspiels: Negen Kroge, Hoghenwurden, Oldenwurden, Walle, Wellinghusen, Poppenhusen, Edeman Wyssche, Niewiske, Weningman Wiske; schließlich „de scepell schult" (die Scheffelschuld).
zusammengestellt von : Dr. Klaus-J. Lorenzen-Schmidt
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