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130 Senioren ein Märchen aufgetischt

Gemeindevertreterin gerät in Panik und nennt erfundene Gründe für geplatzten Ausflug

Stefan Carl

Wöhrden - Statt den 130 Senioren, die sich für den Tagesausflug der Gemeinde Wöhrden angemeldet hatten, reinen Wein einzuschenken, tischte ihnen die Vorsitzende des Wöhrdener Sozialausschusses, Kirsten Sühlsen (SPD), zunächst ein Märchen auf. Später besann sich die 42-Jährige jedoch und gestand ihren Fehler ein.

Zu dem für gestern geplanten, aber ausgefallenen Ausflug waren Senioren aus Wöhrden, Norder- und Süderwöhrden eingeladen - kostenfrei, wie es in vielen Kommunen guter Brauch ist.

Mit Bussen sollte es von Wöhrden aus Richtung Hamburg gehen. Dort stand eine Hafenrundfahrt auf dem Programm. Ausklingen sollte der Tag mit einem gemeinsamen Essen im Wöhrdener Gasthof Oldenwöhrden.

Das Programm traf den Geschmack der Senioren. Denn 130 Teilnehmer meldeten sich an. Doch dann kam alles anders. „Um 12.30 Uhr sollten wir starten. Doch als wir am Treffpunkt an kamen, waren wir 20 bis 30 Senioren, und uns wurde gesagt, dass die Fahrt ausfällt", berichtete ein enttäuschter Wöhrdener. Andere Fahrtteilnehmer waren wohl schon wieder auf dem Weg nach Hause, wieder andere seien telefonisch informiert worden und gar nicht erst gekommen.

Stutzig wurden einige Nichtausflügler allerdings, als sie die Begründung für die Absage hörten. Kirsten Sühlsen habe gesagt, dass in Hamburg sämtliche Hafenrundfahrten wegen des schlechten Wetters ausfallen müssten. Ein Blick an den ruhigen Himmel über Dithmarschen machte eine Seniorin aber misstrauisch. „Ich habe bei der erstbesten Reederei, die Hafenrundfahrten anbietet, angerufen und gefragt, ob das stimmt. Die haben sich fast totgelacht", berichtet sie. Eine Nachfrage unserer Zeitung bei einer weiteren Reederei brachte dasselbe Ergebnis: „Welches schlechte Wetter? Wir fahren alle", hieß es bei Kapitän Prüsse.

Einige Senioren schlugen vor, ersatzweise eine Stadtrundfahrt in den Bussen zu machen. Doch auch das sei nicht möglich, habe es geheißen. Nicht einmal den Namen des Busunternehmens habe Sühlsen preisgeben wollen.

Unterdessen gab es noch einen weiteren Haken in der Ausflugsgeschichte. Die Chefin des Gasthofes Oldenwöhrden erfuhr nach Informationen unserer Zeitung nur zufällig, dass in ihrem Lokal das Abschluss Essen eingenommen werden sollte. Erst auf Nachfrage seien dann von Bürgermeister Peter Schoof (CDU) die 130 Senioren angemeldet worden, was dieser gestern bestätigte.

Am Nachmittag - nach Absprache mit dem Bürgermeister räumte Kirsten Sühlsen ein, dass sie mit der Planung der Fahrt viel zu spät angefangen habe. Der einzige Punkt, der nicht ins Wasser fiel, war das abendliche Essen im Gasthof.

Nur einige wenige der 130 angemeldeten Senioren fehlten. Viele von ihnen wussten allerdings auch noch nichts von dem Hamburger Märchen und hatten sich lediglich über die kurzfristige Absage der Tour gewundert.

Doch Kirsten Sühlsen nahm nun all ihren Mut zusammen und zeigte die Courage, die ihr am Vormittag noch gefehlt hatte. „Ich muss Ihnen noch etwas beichten. Das mit der Fahrt habe ich verbockt. Ich habe keine Busse bekommen, denn ich war mit der Planung etwas spät dran", sagte sie. Aufgrund einer familiären Notlage habe sie die Seniorenfahrt völlig aus den Augen verloren. Erst vor einer Woche sei ihr siedend heiß ein gefallen, dass sie noch nichts organisiert hatte.

Doch statt einen Kollegen aus dem immerhin siebenköpfigen Ausschuss ins Boot zu holen oder die gesamte Sache zu delegieren, geriet Sühlsen in Panik und traf die Fehlentscheidung, die sie zutiefst bedauert. „Ich habe Mist gebaut und bin mit mir selbst nicht im Reinen", sagte sie angesichts ihrer Position als Gemeindevertreterin.



Von den Senioren im Saal hatten indes nicht alle akustisch verstanden, was gesagt wurde. Gut zu hören war allerdings eine Frau, die aufstand und erklärte: „Machen Sie sich keine Gedanken. Wir sind alle Menschen und machen Fehler. So eine junge Frau soll nun nicht verzweifeln." Dann ging sie auf Sühlsen zu und reichte ihr unter dem Applaus zahlreicher Senioren die Hand.

Käte Templin, SPD Fraktionsvorsitzende, erklärte, dass sie „und der Bürgermeister" hinter Kirsten Sühlsen stünden und besprechen werden, wie es nun weitergehe. Seit sieben Jahren engagiert sich Sühlsen in der Kommunalpolitik. Vorsitzende des Sozialausschusses ist sie seit 2008. Sie hat schon Senioren- und einige Jugendfahrten geplant. „Und da ist alles gut gelaufen", sagte Templin.
(Quelle: DLZ v. 08.09.2010)



Kirsten Sühlsen zieht Konsequenz

Kirsten Sühlsen hat ihre Konsequenz aus der misslungenen Seniorenfahrt der Gemeinde Wöhrden gezogen. Wie die SPD-Fraktion gestern mitteilte, habe sie ihr Mandat in der Gemeindevertretung niedergelegt und ist von allen Ämtern zurückgetreten.

Ihr tue es leid, dass sie die Senioren enttäuscht habe, so Sühlsen, und da sich auf absehbare Zeit keine Änderung in ihrem familiären Umfeld ergeben wird, hätte sie nicht die Kraft und Konzentration ihren Aufgaben gerecht zu werden.
(Quelle: DLZ v. 11.09.2010)